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Eine Bearbeitung
von bereits vorliegenden Texten ist in der Gegenwart fast üblich.
Dabei werden zum einen Texte in bestimmte Dialekte übertragen, zum
anderen aber auch in sog. Soziolekte. So gibt es zahlreiche
Übertragungen von klassischen Texten ins Sächsische durch Lene Voigt,
sogar Übertragungen der Bibel sowohl in Dialekte als auch in die
Jugendsprache sind bekannt. So beginnt z. B. eine jugendsprachliche
Variation von Genesis 1,3 wie folgt:
„ Die Düsternis
missfällt dem GROSSEN BOSS. Man
sieht ja nicht die Hand vor den Augen! räsoniert er.
Licht! Aber ein bisschen dalli!
Prompt wird es hell“
Die vorliegende
Begutachtung verfolgt das Ziel, Unterschiede der Trans-formationen in
einen Dialekt oder in einen Soziolekt zu klären und demzufolge zu
beurteilen, inwieweit die o. g. Transformation sich vom Originaltext
und dessen Sinn entfernt.
Der Ansatzpunkt
einer Klärung solcher Fragen liegt in der Sprachsoziologie. Sie geht
davon aus, dass jede Sprache in bestimmte Varietäten differenziert
ist. Solche Varietäten entstehen, wenn Sprache unter bestimmten
gesellschaftlichen Funktionen verwendet wird. So sind im Deutschen
geläufig die Varietäten Jugendsprachen, Fachsprachen und Dialekte. Im
Folgenden interessieren nur Jugendsprachen und Dialekte. Da die
Verwendung dieser Subsprachen primär an die Verwendungssituationen
gebunden ist, sind diese anhand
der vorliegenden Texte zu klären. Bei den Texten zu „Asterix“ ist
dabei von folgenden Aspekten auszugehen, die eine Festlegung in eine
Varietät determinieren:
1.
Die
Helden der Filme stammen aus dem einfachen gallischen Volk.
2.
Die
Handlung der Filme ist so angelegt, dass sie vorwiegend im
nicht-öffentlichen Bereich stattfindet.
3.
Die
Helden stammen aus „einem kleinen Dorf in Gallien“.
Alle diese
Faktoren sprechen für eine Anwendung von Varietäten.
Es sei zunächst
die Varietät Dialekt beschrieben.
Als Dialekt wird
eine Sprachschicht bezeichnet, die primär mündlich realisiert wird.
Dialekt ist aus einer bäuerlich-agrarischen Produktions- und
Lebensweise hervorgegangen und reflektiert diese im starken
Maße. Er ist auf einen räumlichen Geltungsbereich eingeschränkt.
Beides lässt Dialekt als prädestiniert für „Asterix“ erscheinen. Neben
kleineren, auf engeres Gebiet beschränkten Dialekten haben sich jedoch
sog. großräumige Dialekte herausgebildet, die vor allem in städtischen
Ballungsgebieten gesprochen werden. Dazu zählt z.B. das Berlinische.
In diesem Kontext ist gerade in der neueren linguistischen
Forschung ein neuer, für das zur Sache stehende Problem wesentlicher
Aspekt hinzugetreten. Neuere Untersuchungen zum Dialekt befassen sich
zunehmend mit soziologischen Fragestellungen. Wiederholt wurde die
Korrelation von Dialekt und sozialer Schicht untersucht. Dabei wurde
konstatiert, dass Dialekt sich neben Raumbindung auch durch
schichtenspezifische Aspekte auszeichnet. Er wird gesprochen primär
von älteren Personen in nicht-offiziellen Gesprächssituationen. Die
früher einmal formulierte Bindung des Dialekts an niedrigere
Sozialschichten ist allerdings wissenschaftlich nicht mehr aufrecht zu
erhalten. Als letztes wesentliches Moment des Dialektes sei genannt,
dass er nicht universell verwendbar ist, sondern nur bestimmte
Funktionen im Rahmen der Kommunikation ausübt.
Sprachliche
Merkmale von Dialekten sind:
- ein hohes Maß an
Bildlichkeit, Anschaulichkeit und Konkretheit, die zum Ausdruck kommt
in der häufigen Verwendung von Sprichwörtern, Redensarten
und Vergleichen.
- Während die
Standardsprache mehr zusammenfasst, haftet der Dialekt häufiger am
Einzelfall und Speziellen. Dazu trägt bei der Satzbau mit
Umschreibungen und Wiederholungen
- Unterschreitungen der
normalsprachlichen Schicht, Verwendung von umgangssprachlichen
Wortschatz
Jugendsprache:
Im Zusammenhang
mit der Medienentwicklung ist Jugendsprache zu einem von der
Sprachwissenschaft stark beachteten Phänomen geworden, das unter den
verschiedensten Aspekten untersucht worden ist. Zumeist wird
Jugendsprache gefasst als sog. Soziolekt, also eine Gruppensprache,
die der Integration nach innen und der Abgrenzung nach außen dient.
Sie ist in ihrer Existenz an ein bestimmtes Alter der Sprachträger
gebunden und dient vorwiegend der mündlich-privaten Kommunikation
(schriftlich in: Chat, SMS). So entwickeln sich spezifische
jugendkulturelle Stile, die geprägt sind durch den Rückgriff auf
spezifische kulturelle Ressourcen. Diese aber werden zum großen Teil
medial vermittelt. Türkdeutsch oder Kanakisch, auf das noch näher
einzugehen ist, wird z. B. durch Filme, Musik und Kabarett medial
verbreitet. Auch die Werbung ist ein Multiplikator der Jugendsprache.
Teile dieser
Jugendsprache sind geprägt durch Stil- und Sprachmischungen, die
Kennzeichen der jugendlichen Migrantenkultur sind. So sind bekannte
jugendsprachliche Mischungen Französisch – Arabisch, Schwedisch -
Finnisch und in Deutschland Türkisch – Deutsch. Letzteres wird als
Türkdeutsch bzw. Kanak(isch) bezeichnet. Gibt man die entsprechenden
Stichwörter in eine Suchmaschine des WWW ein, so werden bei Sichtung
der aufgelisteten Sites die Breite entsprechender Texte in diesem
Soziolekt, aber auch die Vielzahl der Aspekte bei seiner Analyse
deutlich. Selbst die Evangelische Akademie Tutzing veranstaltete eine
Tagung unter der Thematik „Türkdeutsch“ und bezeichnet dieses in der
Tagungsankündigung als eine Form des interkulturellen Zusammenlebens.
Die linguistische Fachliteratur vergleicht Türkdeutsch mit dem „Black
English“ der Schwarzen in den USA. Diese benutzen die aus der
afrikanischen Tradition überlieferten Sprachrituale dazu, den Stolz
auf ihre Kultur auszudrücken. Ebenso dient Kanakisch dazu, die
Verbundenheit junger Türken mit zwei Kulturen zu zeigen. Es soll
demnach sowohl Verbundenheit als auch Stolz demonstrieren. Als ein
solches Zeichen von Berechtigung und Emanzipation sollte Kanakisch
betrachtet werden.
Mit anderen
Vorkommensweisen der Jugendsprache teilt Kanakisch seine sprachlichen
Besonderheiten. Diese sind auch in der Filmvariante zu finden.
1.
Bestimmte Kraftausdrücke:
Scheiß-Remix für Troubadix
2.
Das
Vorkommen von jugendsprachlichen Nicknames (Krassemiene,
Pittbullix)
3.
Anschaulichkeit durch Beispiele: Nachweislich ist die Anzahl von
Vergleichen und Beispielen sehr hoch
4.
Der
Wortschatz des Kanakischen wird allgemein als sehr gering bezeichnet
(ca. 300 Wörter, wobei im Alltag schon 30 zur Verständigung reichen).
Cool und krass z. B.
dienen als positive Adjektive, die generell einsetzbar sind, weil sie
einen so großen Bedeutungsumfang haben. Das heißt, die adäquate
Wiedergabe von Sachverhalten muss demzufolge umfangreicher sein.
Dadurch sind die Dialoge zwangsläufig länger.
Durch den Einfluss
der Medien hat Kanakisch sich zu einer allgemein akzeptierten Variante
der Jugendsprache entwickelt, die nicht an eine türkische Tradition
der Sprachträger gebunden ist, allerdings besonders in Gebieten mit
einem großen Anteil an türkischer Bevölkerung gesprochen wird, d.h.
vor allem in westdeutschen Großstädten.
Es wurde bereits
darauf verwiesen, dass auch bei Dialekten eine soziale Komponente
vorhanden ist. Sie werden in spezifischen Kommunikations- situationen
gesprochen und sind in der Regel an ein bestimmtes Alter der
Sprachträger gebunden. Diese Merkmale treffen voll und ganz auf
Jugendsprache allgemein und Kanakisch im Besonderen zu. Die
Gebundenheit der Sprachträger an ein bestimmtes Alter führt
zwangsläufig zu der Frage, welche sprachliche Subvariante den
Rezipienten der „Asterix“-Filme mehr entspricht. Sie dürfte eindeutig
zu Gunsten der vorliegenden Bearbeitung beantwortet werden. Gegen eine
„Asterix“-Version in Jugendsprache spräche m. E. lediglich das Alter
der ‚handelnden Personen’.
Ein Vergleich der
Filmversionen in Standardsprache und Kanakisch, auch der Textbücher
ließ mich zu der Auffassung kommen, dass, wenn Dialektfassungen
akzeptiert werden, keine sprachlichen und sprachwissenschaftlichen
Bedenken gegen die zu beurteilende Version von „Asterix in Amerika“
bestehen.